Teil I: Ergebener Mitarbeiter

Veröffentlicht: 8. Februar 2025 in Allgemein
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Ein Erfahrungsbericht von einem Unternehmen, das sich unermüdlich für seine Mitarbeiter einsetzt und überzeugt ist, dass in jedem Menschen Potenzial steckt. Das Jahr fängt mal wieder mit gewissen Herausforderungen an, daher zunächst Teil I.

Unser langjähriger Mitarbeiter, wir nennen in kurz M., hat es nun, wie wir alle schon ahnten, doch nicht geschafft. Aber alles der Reihe nach.

M. hat offensichtlich eine Frau fürs Leben kennengelernt und sie vom Fleck weg geheiratet. Als wir sie kennenlernten, dachten wir noch, dass es M. guttun würde, er endlich einen Grund hat, sein Leben zu ordnen und seine Suchtprobleme zu lösen. Auch seine Mutter zeigte Zuversicht. Alles sah auch erst einmal danach aus. Wir hatten den Eindruck, dass er seinen Alkoholkonsum für seine Frau einschränkte und auch so einiges anderes endlich auf die Reihe bekam. Doch schnell wurde ersichtlich, er kann sich von seiner neuen Frau für die Zeit der Arbeit nicht trennen. Sein Handy klingelte im Minutentakt und er nahm rigoros all ihre Anrufe an, egal in welcher Situation er sich gerade befand. So telefonierte er in allen Lebenssituationen mit ihr. Er ließ jedes Werkzeug fallen oder unterbrach für ein Gespräch mit ihr gnadenlos die Gespräche mit Vorgesetzten oder Kollegen. Er telefonierte beim Essen, auch am Tisch im Restaurant, beim gemütlichen Zusammensitzen mit Mitarbeitern, er unterbrach Meetings für ein Gespräch mit seiner Frau und auch der Toilettengang hinderte ihn nicht daran, mit ihr zu telefonieren. Sie rief gnadenlos bei jeder Kleinigkeit an, auch nachts. Auch wenn sie genau wusste, dass er arbeiten musste, schellte sie rücksichtslos durch, um den neuesten Tratsch mit ihm zu teilen. Das Handy piepte und klingelte im Dauerbetrieb, viele in seinem Umfeld waren davon völlig entnervt. Er glänzte in solchen Momenten mit Abwesenheit und konzentrierte sich nur auf sie. Er nahm keine Rücksicht auf andere, entfernte sich für diese Momente auch nicht diskret, sondern telefonierte mit Freisprechfunktion lautstark mit ihr und störte damit alle anderen um sich herum. Unsere Teamgespräche, die fast immer von ihrem Anruf gestört wurden, verliefen gleich ab. Entweder redeten wir weiter, aber mussten immer wieder unsere Lautstärke auf die eindringliche Stimme seiner Frau anpassen – wir sprachen gewissermaßen gegen ihre Stimme an (und die Gute hat ein lautes rauchiges Organ) oder wir waren dazu gezwungen, das Gespräch zu unterbrechen, weil sie einfach zu vereinnahmend war.

Ein unhaltbarer und belastender Dauerzustand für uns, das können wir im Nachhinein so sagen. Zumal wir ihn auf sein Verhalten nur äußerst vorsichtig aufmerksam machen konnten. Er fühlte sich ständig angegriffen und war beleidigt.

Die Situation ist für alle angespannt und anstrengend gewesen. Was man nicht alles mitgemacht hat, um Mitarbeiter zu halten … 

Besonders nach seinem Sabbatjahr und mit seiner neuen Frau war M. wie ausgewechselt. Oft vermittelte er den Eindruck, mit seiner Situation überfordert zu sein. Sie vereinnahmt ihn derart stark, dass er keine Chance mehr hat, er selbst zu sein. Ob tagsüber oder nachts, ihr scheint es bis dato egal zu sein, zu welchem Zeitpunkt sie ihn in Anspruch nimmt. Der arme Kerl. Er ist ihr völlig ergeben und hörig …

Ein Jahr hat er nach seiner Pause bei uns durchgehalten. Es war für uns ein Jahr mit Hoffnungen und vielen neuen Eindrücken sowie Herausforderungen, die wir nun für immer an acta legen müssen. Es fällt uns schwer, denn wir setzen uns für unsere Mitarbeiter ein, wir glauben an sie. Wir bauen auf sie, geben die Hoffnung nie auf und machen auch so einiges mit.  Aber wenn wir nur noch zurückstecken müssen, die Arbeit darunter leidet und wir nur noch drumherum planen müssen, dann ist es endgültig Zeit, sich zu trennen. 

Wir sagen danke, für viele Jahre Treue und Unterstützung. Und wir sagen nun endgültig adieu und wünschen M. viel Glück, Zufriedenheit und alles Gute.

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